SCHLAGZEILEN
Donnerstag, 10. Februar 2005
NACHGEFRAGT: Der 15-jährige Flavio Camenzind aus Adlikon unterhält ein eigenes Internet-Radio
«Ich lerne mit jeder Sendung etwas Neues»
Mit sechs Jahren erhielt Flavio Camenzind ein Mischpult geschenkt. Seither hat ihn die Idee einer eigenen Sendung nicht mehr losgelassen. Vor einem Jahr ist er mit Radio Cool im Internet gestartet.
Barbara Gasser
 
Moderator bei einem bekannten Radiosender wäre Flavios Traumberuf. (bg)
 
Mit Radio fürs Quartier in Form von lauter Musik aus Boxen, die auf dem Balkon standen, ist Flavio Camenzind nicht weit gekommen. «Ein paar Mal lief es gut. Dann kam ein Brief von der Verwaltung, dass so etwas nicht erlaubt sei», sagt der 15-jährige Oberstufenschüler. Jetzt hat er das auch nicht mehr nötig. Sein Radio Cool läuft über Internet, und das schon seit einem Jahr. Ein Zimmer in der Wohnung seiner Eltern hat er als Musikstudio eingerichtet.

Schon immer ein Radiofan

So weit sich Flavio zurückerinnern kann, hat er sich fürs Radio interessiert. «Ich war immer ein grosser Fan von Radio 24», sagt er. Als Fünfjähriger erhielt er einen Kassettenrecorder für Kinder, den er jedoch viel mehr für eigene Tonaufnahmen denn als Musikabspielgerät benutzte. «Schon damals versuchte ich, eine eigene Show aufzuziehen.»

Zusammen mit seinem neun Jahre älteren Bruder hat er jeweils Sendungen nachgeahmt, was beiden grossen Spass machte. Die Faszination ist bis heute geblieben. «Vor einem Jahr habe ich mich beim Bakom (Bundesamt für Kommunikation) um eine eigene Frequenz beworben. Im Raum Zürich ist jedoch bereits alles ausgeschöpft und es wäre für mich auch zu teuer», erklärt Flavio. Also hat er zuerst einmal eine eigene Homepage aufgezogen. Beim Surfen im Internet ist er auf Radios gestossen, die dort auf Sendung sind. Sofort hat er angefangen, Kontakte zu knüpfen, von seinem Projekt erzählt und sich um Treffen mit Leuten aus der Promiszene bemüht. Zusammen mit einem Kollegen ist er für die Berichterstattung über die erste Staffel von «MusicStar» akkreditiert worden. Das war der Einstieg für ein eigenes Programm.

Tagsüber läuft Musik für ein breites Publikum. «Jeweils von 20 bis 22 Uhr machen wir auch Moderation, informieren über Aktualitäten des Tages und versuchen, die Wünsche der Hörerschaft zu erfüllen», beschreibt Flavio sein Engagement. «Am Anfang haben fünf bis zehn Leute zugehört. Die Lizenzgebühren erlauben 500, aber davon sind wir noch weit entfernt.»

Zuerst eine Lehre machen

Auf der Suche nach Geldgebern ist der junge Radiomacher auch mit grösseren Firmen in Kontakt gekommen, die neben Freunden und Bekannten Radio Cool finanziell unterstützen. «Wir bleiben dran, so lange das Geld reicht.» Sein Traumberuf wäre, bei einer richtigen Radiostation dabei zu sein. Doch zuerst muss er die letzte Klasse der Oberstufe fertig machen und danach eine Lehrstelle finden. «Ich weiss noch nicht genau, was ich will. Am ehesten etwas im Bereich Elektronik, das hat ja auch mit meinem Hobby zu tun.» Zwar stehen in seinem Studio noch Musikanlagen und Mischpulte, und unzählige CDs sind in Regalen verstaut. Doch das Herzstück ist der Computer, über den die Sendungen laufen. Wie die Programme funktionieren, hat er sich im Lauf der Zeit selber beigebracht. «Auch von jeder Sendung lerne ich immer wieder Neues.»

Flavio spielt einmal pro Woche Tennis, für mehr bleibt neben Schule und Radio keine Zeit. «Ab und zu gehe ich mit Kollegen aus, oder wir besuchen Anlässe, über die ich dann wieder im Radio berichten kann.»